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Der Begriff „Moderne“ ist in der Architekturgeschichte ein langer und weder am Beginn noch am Ende abgegrenzter Zeitraum. Es ist eher eine Abfolge von Baustilen als die eigentliche Epoche des „Modernismus“. Das gern benutzte Adjektiv „modern“ wiederum hat eine ähnlich kurze Haltbarkeit wie ein Camembert: was heute als modern beschrieben wird, kann morgen schon aus der Zeit gefallen wirken.

Nähert man sich an einem Sommertag über den Frankfurter Reuterweg der Welle, strahlt diese Seite des Ensembles vor allem Struktur und Ruhe aus. Zwischen den Platanen ragt der lange Arkadengang mit seinen anderthalb Geschosse hohen Säulen hervor. Die drei Stockwerke darüber erstrecken sich weit über den breiten Gehsteig. Die Bäume des Rothschildparks auf der anderen Straßenseite schimmern als grüne Spiegelung in den Fensterflächen der Welle.

Wer den Innenhof betritt, nimmt das Areal nicht als streng rechteckig wahr. Dafür sind die architektonischen Elemente zu vielfältig und kleinteilig. Die Welle ist kein monumentales Statement, sondern eine Symbiose aus Vergangenheit und Zukunft, die sich harmonisch ins Stadtbild Frankfurts einfügt. Wo einst der Konzernsitz der Metallgesellschaft stand, zeigt sich heute ein Ensemble, das die Grenzen zwischen Bürokomplex und öffentlichem Raum jeden Tag neu gekonnt verwischt.

Bewegte Formen für jeden Menschen in Bewegung

Das Herzstück des Komplexes, das namensgebende zwölfgeschossige Gebäude entlang des Reuterweges, fügt sich mit seiner wellenförmigen Silhouette organisch in die Umgebung. Die drei Segmente – Park Building, Center Building und Westend Building – fügen sich zu einer harmonischen Einheit zusammen. Trotz der 59.100 Quadratmeter Bruttogeschossfläche wirkt der umschlossene Raum nicht überdimensional.

Besonders bemerkenswert ist, wie die Architekten von JSK den Übergang vom belebten Stadtzentrum ins ruhigere Westend gestaltet haben. Bekannt für visionäre Projekte wie den Frankfurter Skyper, haben sie hier eine durchdachte Balance geschaffen. Die belebte Promenade „An der Welle“ ist dabei nicht nur ein Verbindungs- und Erschließungsweg, sondern wird auch von vielen Anlieger:innen der Nachbarschaft genutzt.

Urbanität ist die Vielfalt von Formen

Die subtile Staffelung der Baukörper erzeugt spannende Sichtachsen in alle Richtungen. Vom zwölfgeschossigen Hauptgebäude über das siebengeschossige Leerbach Building bis zur angrenzenden Bebauung entstehen Übergänge, die natürlich wirken – ohne optische Anbiederung. Diese Integration in den Stadtraum macht Die Welle zu einem gelungenen Beispiel für urbane Architektur, die ihren Platz in der Zeit gefunden hat, ohne jemals unmodern zu wirken.

Selbst ein historisches Element wie das neoklassizistische Opernpalais bindet sich in das Gesamtkonzept ein. Dieses Bauwerk überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet und diente später als Sitz der amerikanischen Militärregierung. Es symbolisiert die Verbindung von Alt und Neu, die das gesamte Ensemble prägt.

Gebaut für Gegenwart und Zukunft

Die Welle ist zum einen ästhetisch und zum anderen technisch für die Zukunft gerüstet. Die Verwendung von DEC-Klimaanlagen und die ausgeklügelte Gebäudeleittechnik mit über 100.000 Datenpunkten sprechen für ein Konzept, das Nachhaltigkeit und Effizienz in den Vordergrund stellt.

Fast zwei Jahrzehnte nach ihrer Eröffnung strahlt Die Welle eine Modernität aus, die nichts von ihrer Frische verloren hat. Von Anfang an war sie ein natürlicher Teil des Frankfurter Stadtbilds. Die später erfolgte Neugestaltung der Außenanlagen mit der geschwungenen Metallskulptur betont ihren zeitlosen Charakter. In einer Stadt, die für ihre Skyline bekannt ist, setzt Die Welle auch mit horizontaler Architektur Maßstäbe. Das Ensemble hat den Test der Zeit bestanden – und wird ihn jeden Tag aufs Neue bestehen.

Autor: Peter Breuer